Als Vorzeigeprojekt aktueller Stadtentwicklung begegnet uns die „Grüne Mitte Ebertal“ heute regelmäßig in den regionalen Medien. Dass das Gebiet zwischen Steinsgraben, Wörthstraße und Görlitzer Straße allerdings eine durchaus bewegte und nicht immer schöne Geschichte hat, davon möchten wir euch jetzt erzählen.
Die erste Inkarnation des Ebertals war nämlich ein waschechtes Kriegsgefangenenlager, das im Oktober 1914 – zu Beginn des 1. Weltkriegs – unterhalb des Lohbergs neben dem Exerzierplatz einer der Göttinger Kasernen errichtet wurde. Dort standen dann 89 Baracken, in denen bis zu 10.000 Kriegsgefangene untergebracht wurden, von denen die letzten erst 1920/1921 – also Jahre nach dem Ende des Kriegs – das Lager verließen.
Anfang 1916 wurde hier auch ein sogenanntes „Flamenlager“ eingerichtet, dessen Insassen etwas besser versorgt wurden, als andere Gefangene. Dem lag eine Propagandakampagne zugrunde, die Spannungen zwischen Flamen und Wallonen in Belgien ausnutzen und flämische Kriegsgefangene für den Plan begeistern wollte, in Belgien so etwas wie eine deutschlandfreundliche Enklave unter niederländischer Verwaltung zu gründen. Scheinbar spekulierten deutsche Strategen darauf, dieses „Herzogtum Flandern“ könne dann in der Folge an das Kaiserreich „angeschlossen“ werden.
Auch unsere zweite Geschichte über das Lager Ebertal beruht auf einer weiteren akademisch-militärischen Kooperation. Wieder spielt die Universität Göttingen, diesmal in Person des Iranistikprofessors Friedrich Carl Andreas, eine zentrale Rolle. Der hatte nämlich 1917 dafür gesorgt, dass im Ebertal eine Handvoll britisch-indischer Kriegsgefangener aus Afghanistan und Belutschistan untergebracht wurden, damit er ihre Sprache und Kultur besser erforschen konnte.
Zurück ins Ebertal, wo nach dem Ende des Kriegs Familien in die zu Wohnungen umgebauten Baracken des ehemaligen Lagers einzogen, während sogar noch einige der Kriegsgefangenen dort wohnten. Im Verlauf entwickelte sich die ursprünglich von ärmeren Bevölkerungsschichten bewohnte Siedlung zu einem begehrten Wohngebiet, deren Aussehen trotz umfangreicher infrastruktureller Sanierung sich jedoch kaum von dem des früheren Lagers unterschied.
Ende der 1950er-Jahren kam es dann zu einer eigentlich unbegründeten Flächensanierung des Ebertals. Der besondere „Baracken“-Charme des Quartiers hatte nämlich dazu geführt, dass es irrtümlich als Flüchtlingslager eingeordnet wurde und deshalb in das Barackenräumungsprogramm der BRD fiel. Die Baracken verschwanden und 1963 wurde mit dem Bau des ersten jener Wohnblocks begonnen, die heute im Rahmen der Umgestaltung des Viertels zur „Grüne Mitte Ebertal“ wieder selbst ersetzt werden.
Redaktion: Florian Heinz
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